Die weißen Pferde
Noch in diesem Jahrhundert wollen viele Haibacher jedes Jahr am Pfingstmontag im Morgengrauen auf der Höhe des Stornackerrückens einen Mann gesehen haben, der mit zwei weißen Pferden einen Acker pflügte.
Es soll sich dabei um einen Hai-bacher Bauern gehandelt haben, dem folgende Geschichte zugeschrieben wurde:
Vor Jahren lebte im Dorf ein Bauer, genannt der Geiz-Michel. Er war, wie man so schön sagte, ein »kalter Bruder«, einer also, der weder an Gott noch die Welt glaubte. Nur seinen Geldsack, den liebte er über alles. Er war ein sehr seltsamer Mann, denn seine Angehörigen waren teils gestorben oder hatten ihn verlassen, da sie viel Arbeit hatten, aber kein Brot. Deshalb musste der geizige Bauer seinen großen Feldbau selber bestellen.
So kam Pfingsten heran. Den Sonntag akzeptierte er noch als Feiertag, den Montag jedoch betrachtete er als Arbeitstag wie jeden anderen. In früher Morgenstunde fuhr er mit seinen beiden Schimmeln in Richtung Stornacker davon, um einen Acker zu pflügen. Die Glocken läuteten bereits den Festtag ein, und immer noch hatte er ein ganzes Stück Arbeit vor sich. Der Bauer trieb die Gäule zur Eile an, doch sie gingen auf einmal nicht mehr vom Fleck. Er fluchte und schimpfte, doch es half nichts; zum Schluss nahm er gar einen Hackenstiel und schlug unerbittlich auf die Tiere ein. Die braven Pferde wurden daraufhin wild und wollten durchgehen. Schnell eilte der Bauer nach vorn und fiel ihnen in die Zügel. Es war jedoch bereits zu spät, und die beiden Schimmel wirbelten mit ihren Hufen über ihn hinweg. Der alte Geizhals aber blieb tot neben seinem Pflug liegen.